Immobilien: Sind die besten Zeiten vorbei?
Liebe Leser,
in der Ausgabe vom 13. September habe ich die Frage behandelt, ob ein Immobilienkauf mit 500 Euro pro Monat sinnvoll möglich ist. Dabei habe ich verschiedene Möglichkeiten des Investments untersucht, von Immobilienfonds bis Crowdfunding und die Chancen und Risiken beleuchtet. Heute möchte ich analysieren, ob Immobilien derzeit überhaupt ein sinnvolles Investment sind.
Ja, Sie lesen richtig. In den meisten Berichten und Reportagen, in denen über den Immobilienkauf berichtet wird, stellt sich die Frage nach der Sinnhaftigkeit kaum. Es soll eine Immobilie gekauft werden, sei es aus Gründen der vermeintlichen Sicherheit ("Betongold"), aus Anlagenotstand, weil die Zinsen gerade so niedrig sind oder auch unter dem Blickwinkel der Renditeerzielung.
Dabei sollte man sich vor einem Kauf zunächst einmal über seine eigenen Absichten klar werden, denn nur weil die Zinsen gerade so niedrig sind, ist ein Hauskauf nicht unbedingt auch eine gute Idee.
Lage, Lage und nochmals Lage
Das Institut der Deutschen Wirtschaft (IW) hat kürzlich interessante Studien veröffentlicht, die ich zum Anlass nehmen möchte, um das Thema auch im Rendite-Report erneut auf die Agenda zu setzen.
Eines vorneweg: Ein Crash am deutschen Immobilienmarkt ist unwahrscheinlich. Wirklich krisensicher ist das heißgeliebte „Betongold“ jedoch auch nicht, zumindest nicht überall in Deutschland.
Es gibt Regionen, in denen die Nachfrage nach wie vor hoch ist und immer noch zu wenig gebaut wird. Auf der anderen Seite gibt es aber vor allem auch den ländlichen Raum, wo zuviel gebaut wurde und Investitionen daher riskant sind. Die beiden Graphiken unten zeigen, die Top- und Flop-Städte bzw. -Regionen.
Das Fazit des IW sollte jeden Investor nachdenklich machen: Knapp ist Wohnraum nur in jedem dritten bis vierten Kreis. Die bekannten Großstädte wie Berlin, München und Frankfurt werden dagegen auf Jahre hinaus weiter gefragte Immobilienstandorte bleiben.
Das eröffnet auch Chancen für kleinere Gemeinden im Umland dieser Boomstädte. Frankfurt bspw. zieht auch den Immobilienmarkt in Offenbach, Groß-Gerau und Darmstadt mit nach oben.
Schlechte Aussichten gibt es dagegen im ländlichen Raum und hier vor allem in Nordrhein-Westfalen. Zuviel Bauland und die günstigen Verschuldungsmöglichkeiten haben zu einem großen Überangebot geführt. Sollten die Hypothekenzinsen wieder steigen, sind vor allem diese Regionen anfällig für Preiskorrekturen.
Doch auch bei der Nutzungsart sollte man in seine Überlegungen genau einfließen lassen. In Frankfurt wurden sehr viele kleine Single-Wohnungen gebaut – die liegen zwar im Trend, sind aber für viele Studenten zu teuer und lassen sich daher schwer vermieten. Außerdem soll die Studentenzahl in den nächsten Jahren nach den Prognosen der Experten wieder sinken. Auch das macht es nicht einfacher.
Lage und Nutzungsart genau prüfen
Wenn Sie also ein Immobilieninvestment tätigen wollen, dann informieren Sie sich gründlich über den regionalen Bedarf und die wirtschaftlichen und demographischen Aussichten am geplanten Standort. Zugegeben, das macht viel Arbeit und ist auch nicht immer ganz einfach.
Fragen Sie im Zweifel beim Haus- und Grundbesitzerverein vor Ort nach aktuellen Marktdaten und -prognosen oder alternativen Informationsquellen. Wenn Ihnen der Aufwand zu hoch ist und/oder Sie sich nicht in der Lage sehen, ein fundiertes Urteil zu fällen, dann bleiben Ihnen nur noch zwei Möglichkeiten:
1. Nutzen Sie die Expertise von ausgewiesenen Profis und kaufen Sie einen Immobilienfonds. Die Vor- und Nachteile offener und geschlossener Immobilienfonds habe ich Ihnen bereits hier dargelegt.
2. Nutzen Sie die neuen Möglichkeiten des Immobiliencrowdfundings. Auch die Funktionsweisen, Chancen und Risiken dieser Art des Einstiegs in den Immobilienmarkt habe ich ebenfalls hier besprochen. Dabei habe ich auch die Möglichkeit eines Verlusts nicht verschwiegen.
Inzwischen gibt es die erste Pleite bei Crowdfunding-Immobilien: Die kürzliche Insolvenz des "Luvebelle"-Projekts in Berlin-Tempelhof – hier soll eine Anlage mit 52 sogenannten Mikro-Apartments gebaut werden – zeigt, wie Immobilien-Crowdfunding im schlechtesten Fall ausgehen kann. Ob die Anleger ihr Geld wiedersehen werden ist ungewiss. Vermittler war die Plattform Zinsland.de, die sich von der Pleite ebenfalls überrascht zeigt.
Bedenken Sie: Beim Crowdfunding sind Sie nicht unbedingt Miteigentümer der Immobilie. Im Falle von "Luvebelle" gibt es rund 300 Anleger, die de facto Anleihen gezeichnet haben. Als Anleiheinhaber sind Sie jedoch ein nachrangiger Gläubiger. Sie werden also erst dann entschädigt, wenn alle vorrangigen Gläubiger ihr Geld bekommen haben.
Mein Fazit:
Die Investitionsbedingungen am Immobilienmarkt werden schwieriger, auch wenn die Zinsen immer noch auf historisch tiefem Niveau verharren. Bauen oder kaufen lohnt sich nicht mehr in allen Fällen.
Vor allem in den Boomstädten bzw. in deren Umland, wenn es eine gute Verkehrsinfrastruktur gibt, ist eine Immobilie immer noch sehr attraktiv. Um eine Prüfung der regionalen Gegebenheiten kommen Sie aber auch in Berlin, München oder Hamburg nicht herum.
Insbesondere in ländlichen Regionen ist das Risiko einer möglichen Fehlinvestition jedoch nicht wegzudiskutieren. Billiges Bauland und niedrige Zinsen alleine bilden keine verlässliche Grundlage für eine Investitionsentscheidung!
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