Ist ein Einstieg bei Commerzbank
und Deutscher Bank jetzt sinnvoll?
Lieber Leser,
in den letzten Tagen tat sich Erstaunliches am deutschen Aktienmarkt. Nein, ich meine nicht die Mini-Korrektur, die den Deutschen Aktienindex (DAX) von seinem Rekordhoch ein paar hundert Punkte fallen ließ.
Und auch nicht, dass es den Aktienanlegern offenbar ziemlich egal zu sein scheint, ob Deutschland eine Regierung bekommt – und wenn ja welche. Denn das Scheitern der Verhandlungen in Berlin führte nicht zu Kursverlusten, im Gegenteil: Der DAX legte in den letzten Tagen wieder etwas zu.
Commerzbank und Deutsche Bank stärker als der DAX
Das Erstaunliche, das ich meine, ist die Stärke der Aktien von Deutscher Bank und Commerzbank. Die Papiere der beiden deutschen Großbanken, die sich seit Jahren in einer Dauerkrise befinden, waren zuletzt gefragt und entwickelten sich seit Anfang September deutlich besser als der DAX. Auch die Korrektur der letzten Wochen ging an beiden Aktien spurlos vorüber.
Die Commerzbank kletterte sogar auf den höchsten Stand seit Mai 2015:
Kennzahlen: Commerzbank |
WKN / ISIN: |
CBK100 / DE000CBK1001 |
Marktkapitalisierung: |
15,492 Mrd. EUR |
KGV 2017e / 2018e: |
35,4 / 17,5 |
Dividendenrendite 2017e: |
0,0% |
Die Aktie der Commerzbank befindet sich seit einem Jahr im Aufwärtstrend.
Fusionsgerüchte treiben die Kurse beider Aktien
Was ist dafür der Grund und sollten Sie die beiden Aktien jetzt kaufen, um von einer weiteren Kurserholung zu profitieren? Die erste Frage nach dem Grund ist leicht zu beantworten: Der Finanzinvestor Cerberus aus den USA ist bei der Deutschen Bank eingestiegen und hat einen Anteil von mehr als drei Prozent erworben.
Da der gleiche Investor auch schon bei der Commerzbank eingestiegen war und dort 5,01 Prozent der Anteile hält, schürte das Spekulationen über einen Zusammenschluss beider Institute. Zumal Cerberus für seine aggressive Strategie bekannt ist. Das ist kein stiller Teilhaber, der den Vorstand weiterwursteln lässt wie bisher.
Auch die Aktie der Deutschen Bank legte daher in den letzten Tagen deutlich zu:
Kennzahlen: Deutsche Bank |
WKN / ISIN: |
514000 / DE0005140008 |
Marktkapitalisierung: |
33,792 Mrd. EUR |
KGV 2017e / 2018e: |
16,1 / 11,2 |
Dividendenrendite 2017e: |
0,7% |
Trotz der Kurserholung der letzten Wochen zählt die Deutsche Bank 2017 zu den schwächeren DAX-Werten, sie liegt aktuell nur wenig über dem Stand von Anfang Januar.
Die Fusionsgerüchte sind allerdings nicht neu, schon vor einem Jahr haben die Vorstände beider Institute miteinander über einen Zusammenschluss gesprochen, diesen aber so lange hintangestellt, bis jede Bank für sich ihre Probleme selbst gelöst hat. Ich fürchte, das wird noch lange dauern.
Trotzdem spekulieren offenbar derzeit viele an der Börse darauf, dass sich bei beiden Aktien etwas tun könnte – daher der Kursanstieg der letzten Tage. Aber hat das Hand und Fuß, ist die Kurserholung von Dauer? Wie stehen beide Unternehmen derzeit da?
Manche Altlasten wurden beseitigt, aber...
Dazu lässt sich erst einmal folgendes sagen: Beide Institute haben in den letzten Jahren viel unternommen, um die Verwerfungen durch die Finanzkrise von 2008 und durch die Eurokrise zu beseitigen – und vor allem, um die negativen Folgen der eigenen Fehlentscheidungen zu korrigieren.
Dabei meine ich nicht einmal in erster Linie die zahlreichen Betrugsfälle und Prozesse, in die vor allem die Deutsche Bank verwickelt ist, sondern die faulen Kredite unter anderem aus den Bereichen Immobilien und Schiffsbeteiligungen.
... es fehlt immer noch ein tragfähiges Geschäftsmodell
Hier wurde zweifellos einiges aufgeräumt und die größten Brocken scheinen beseitigt. Was jetzt noch fehlt, ist das Entscheidende: Ein tragfähiges Geschäftsmodell, mit dem auch in Zukunft konstant Gewinne erzielt werden können.
Hier sehen die meisten Branchenexperten und auch ich die größten Defizite. Die Entwicklung der Aktienkurse in den letzten fünf Jahren bestätigt das, denn beide deutschen Bank-Aktien entwickelten sich deutlich schlechter als viele europäische Konkurrenten, ganz zu schweigen von den Bank-Aktien aus den USA:
Die Aktie der Deutschen Bank steht heute mehr als 40% tiefer als vor 5 Jahren. Die Aktie der Citigroup hat im gleichen Zeitraum um mehr als 100% zugelegt. Und es gibt Bank-Aktien aus den USA, die noch erfolgreicher waren.
Zwei Lahme ergeben zusammen keinen Sprinter
Kann sich das jetzt ändern, holen die Commerzbank und die Deutsche Bank wieder auf? Ich glaube nicht daran. Kaum ein ernsthafter Experte hält eine Fusion im Moment für sinnvoll. Aus zwei Lahmen lässt sich kein Sprinter formen.
Über die Motive von Cerberus lässt sich nur spekulieren. Aber wenn die Aktien von Commerzbank und Deutscher Bank dank dieser Spekulationen noch weiter steigen, hat der Finanzinvestor ja sein Ziel schon erreicht und kann Gewinne einstreichen.
Mein Fazit:
Sie sehen, ich bin mehr als skeptisch, ob es klug ist, in eine der beiden deutschen Bank-Aktien zu investieren. Die Fusionsgerüchte können sich auch schnell wieder zerschlagen, dann geht es erneut abwärts. Jetzt einzusteigen, ist nur etwas für erfahrene Anleger, die kurzfristig spekulieren wollen.
Wer eine Bank-Aktie langfristig in sein Depot aufnehmen will, der sollte besser auf ein Unternehmen setzen, das ein funktionierendes Geschäftsmodell hat und in dieser Hinsicht nicht noch auf der Suche ist wie die beiden deutschen Branchengrößen.
Und die Aussichten für die Bankenbranche sind angesichts langsam wieder steigender Zinsen gar nicht so schlecht. Eine Bank-Aktie zählt daher für mich sogar zu den "5 besten Aktien der Welt", die ich für die Leser meines Premium-Anlagemagazins Rendite-Spezialisten auswähle und regelmäßig aktualisiere. |