Silber hat Nachholpotenzial gegenüber Gold!
Liebe Leserin, Lieber Leser,
der Preis je Unze Gold stieg in Euro und vielen anderen Währungen (nicht in US-Dollar) gerechnet in den letzten Wochen auf neue Allzeithochs. Silber konnte da bisher nicht mithalten, der Preis des "kleinen Bruders von Gold" fiel auf dem Höhepunkt der Corona-Krise sogar auf ein langjähriges Tief.
Der Vergleich der Charts von Gold und Silber zeigt den Unterschied. Seit Anfang 2019 legte der Gold-Preis in Euro um mehr als 40% zu, der von Silber nur um etwa 15%. Die Underperformance von Silber ergab sich aber erst in den letzten Wochen, davor war die Preis-Entwicklung von Gold und Silber ähnlich:
Die unterschiedliche Preis-Entwicklung spiegelt sich auch im so genannten Gold-Silber-Ratio wider. Das drückt aus, wie viele Unzen Silber man für eine Unze Gold bekommt. Das Gold-Silber-Ratio stieg Mitte März auf einen neuen Höchststand, von 123.
In den letzten Tagen hat sich der Silber-Preis aber wieder erholt, die Gold-Silber-Ratio ist dadurch auf 102 zurückgefallen. Das ist aber immer noch weit vom Durchschnitt der letzten Jahre bei etwa 75 entfernt. Ist das also erst der Anfang, hat Silber enormes Potenzial, um weiter gegenüber Gold aufzuholen?
Das ist möglich, allerdings kann sich die Gold-Silber-Ratio theoretisch auch durch einen Rückgang beim Gold-Preis verringern. Das halten viele zwar für unwahrscheinlich, zumal die Nachfrage nach börsennotierten Gold-Fonds, so genannten ETCs (Exchange Traded Commodities) nach wie vor hoch ist. In anderen Bereichen, speziell bei Juwelieren und Notenbanken, zeigt sich aber wegen des hohen Preis-Niveaus und wegen der Rezession bereits ein Rückgang der Nachfrage.
Sollte auch das Interesse der Anleger an Gold (Münzen & Barren sowie ETCs) nachlassen, z.B. weil sich abzeichnet, dass die Weltwirtschaft erst einmal in eine Phase der Deflation und nicht der Inflation eintritt, dann kann es auch einen Rücksetzer beim Gold-Preis geben.
Die Nachfrage der Industrie nach Silber ist gefallen
Bei Silber dagegen spielt die Nachfrage der Industrie mit etwa 50% eine viel größere Rolle als bei Gold (ca. 8%). Wegen der Rezession ist diese Nachfrage eingebrochen; das ist der Hauptgrund für die relativ schwache Performance von Silber in den letzten Wochen.
Der Branchen-Verband „Silver Institute“ rechnet für das Gesamtjahr 2020 mit einem Rückgang der Industrie-Nachfrage um 7%, da ist eine Erholung der Nachfrage in der zweiten Jahreshälfte bereits eingerechnet.
Auf der anderen Seite fällt die Silberproduktion in den Minen seit 2017, das dürfte sich 2020 auch wegen Produktionsbeeinträchtigungen durch den Corona-Virus noch verstärken und trotz allem zu einem Abbau des immer noch bestehenden Angebotsüberschusses bei Silber beitragen.
Silber kann daher mittelfristig durchaus weiter gegenüber Gold aufholen. Eine Voraussetzung dafür wäre eine deutliche Erholung der Weltkonjunktur und weiterhin hohes Anlegerinteresse. Daten sind hier schwer zu bekommen, aber die Nachfrage nach Silber-ETCs ist in den letzten Wochen stark gestiegen.
Gold-Fonds (ETCs) sind steuerlich begünstigt
Wie bei Gold kannst Du auch bei Silber entweder in Barren und Münzen oder in börsennotierte Fonds, so genannte ETCs, investieren.
Gold- oder Silber-ETCs spiegeln die Entwicklung der Preise in der Regel 1:1 wider. Sie sind mit physischen Edelmetallen hinterlegt und kaufen daher Gold bzw. Silber, wenn Anleger in sie investieren. ETCs eignen sich wegen der geringeren Gebühren bei Kauf und Verkauf besser als Barren & Münzen für kurzfristige Anlagezwecke.
Bei Silber-ETCs besteht allerdings ein gewichtiger Nachteil gegenüber Gold-ETCs, wenn diese einen Anspruch auf die physische Lieferung von Gold verbriefen. Denn in diesem Fall wird keine Abgeltungssteuer fällig, wenn Du die Gold-ETCs länger als zwölf Monate hältst.
Das trifft nach gängiger Meinung auf Xetra Gold (WKN: A0S9GB) und Euwax Gold II (WKN: EWG2LD) zu. Im Februar 2018 hat der Bundesgerichtshof dies für Xetra Gold in einem Urteil bestätigt. Bei Silber-ETCs unterliegen dagegen eventuelle Kursgewinne, die Du beim Verkauf erzielst, der Abgeltungssteuer.
Keine Abgeltungssteuer bei Barren und Münzen
Bei Barren oder Münzen gibt es dieses Problem nicht: Beim Verkauf von physischem Gold oder Silber wird nur Abgeltungssteuer fällig, falls der Verkauf innerhalb von zwölf Monaten nach dem Kauf erfolgt – das wird vermutlich selten der Fall sein.
Steuerliche Unterschiede gibt es dagegen bei der Mehrwertsteuer. Während Anlagemünzen aus Gold in der EU mehrwertsteuerbefreit sind, unterliegen Anlagemünzen aus Silber seit 2014 prinzipiell dem vollen Mehrwertsteuersatz von 19 Prozent (vorher 7%).
Doch das gilt nicht immer: Importiert der Händler die Silbermünzen aus Ländern wie Kanada (Maple Leaf), Australien (Kookaburra, Koala) oder den USA (American Eagle), gilt weiterhin der verminderte Einfuhrumsatzsteuersatz von 7 Prozent und durch die so genannte Differenzbesteuerung gibt es für Käufer fast keinen Nachteil im Vergleich zur Zeit vor der Steuererhöhung. Die meisten Edelmetallhändler nutzen bei Silber derzeit die Differenzbesteuerung.
Das ist eine legale Steuerersparnis. Silber-Anlagemünzen solltest Du daher Silberbarren vorziehen, denn Silberbarren müssen meist mit 19 Prozent versteuert werden.
Mein Fazit
Edelmetalle dienen als Krisenschutz, ich halte langfristig einen Anteil von 8 bis 12% am Anlagekapital für sinnvoll. Gold steht dabei an erster Stelle, aber Silber kann durchaus einen Anteil von etwa 25% im Edelmetall-Depot ausmachen.
Ich ziehe für die langfristige Anlage Münzen vor, aber besonders bei Silber sind die Preis-Aufschläge wegen Lieferschwierigkeiten im Zusammenhang mit den Corona-Beschränkungen nach wie vor sehr hoch. Langfristig orientierte Anleger sollten daher abwarten oder vorübergehend auf Silber-ETCs ausweichen.
Allerdings bieten sich auch für mittelfristig orientierte Anleger Chancen. In unserem Premium-Anlagemagazin "Rendite-Spezialisten" haben wir am 11. Mai vor dem jüngsten Anstieg bei Silber in einen ETC gekauft. Die Position liegt bereits mit etwa 10% im Plus.
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