Die Eskalation im Handelsstreit
lässt China-Aktien abstürzen ...
Liebe Leser,
in den letzten Tagen wurde der US-Präsident abgelenkt durch die Europäer und durch Wladimir Putin, doch es ist nur eine Frage der Zeit, wann er sich wieder dem Hauptkonkurrenten in Handelsfragen zuwendet, nämlich China.
Der aktuelle Stand: Peking hat auf die Erhöhung der Zölle durch die US-Regierung seinerseits mit Gegenmaßnahmen reagiert. Und nun steht die Drohung mit weiteren Zöllen im Raum. Im Moment ist nicht wirklich absehbar, dass es hier eine schnelle Verhandlungslösung gibt, durch die Druck aus dem Kessel entweichen könnte.
Geht die Konfrontation bis zu den Wahlen im Herbst weiter?
Doch genau diese Verunsicherung gehört zur Verhandlungsstrategie von Donald Trump. Vielleicht hat er bei dem ganzen Hin und Her auch die Kongresswahlen in den USA im November im Blick.
Ich gehe zwar davon aus, dass er vor den Wahlen noch einen "Deal" präsentieren will, sicher ist das aber natürlich nicht.
Relativ sicher scheint mir aber, dass er grundsätzlich an einem Deal, sprich an einer Verhandlungslösung, interessiert ist. Er will den Handel mit China nicht abwürgen, sondern aus seiner Sicht fairer machen.
Die wirtschaftlichen Folgen des Handelsstreits sind allerdings schon jetzt spürbar, denn die Verunsicherung schlägt sich negativ auf die Investitionsbereitschaft der Unternehmen nieder.
Und auch an den Börsen ging es vielfach nach unten, vor allem in China, das erst mal der Hauptleidtragende der zusätzlichen Zollschranken ist:
Im Gegensatz zu den chinesischen Aktien-Indizes, die in den letzten Wochen stark nachgaben, konnte der US-Index S&P 500 sogar zulegen.
Peking lässt keinen freien Kapitalverkehr zu
Doch worum geht es? Donald Trump prangert die Abschottungspolitik Pekings und die ungleichen Handels- und Investitionsbedingungen in China an.
Wie übrigens die US-Präsidenten vor ihm und wie auch die Europäische Union. Zu dieser Abschottung gehört auch die Kontrolle des Kapitalverkehrs von und nach China.
So ist z.B. der Wechselkurs des Yuan nicht den Marktkräften überlassen, sondern wird von der Notenbank gegenüber einem Korb von Währungen, in dem der US-Dollar und der Euro dominieren, festgelegt. Investieren in China ist für Ausländer nicht so ohne weiteres möglich und auch die an den wichtigsten chinesischen Börsen in Shanghai und Shenzhen gehandelten so genannten A-Aktien (A-Shares), können Ausländer nicht einfach kaufen.
Abschottung als Grundlage selbstbestimmter Entwicklung
Doch trotz aller immer noch bestehenden Abschottung geht Peking schon seit längerem den Weg der Öffnung seines Kapitalmarktes. In den Augen ausländischer Investoren und Regierungen geht das zwar viel zu langsam, aber in China denkt man weniger in Quartalen als in 10-Jahres-Plänen.
Aus der Sicht Pekings ist die Abschottung verständlich, denn sie war der Garant dafür, die wirtschaftliche Entwicklung selbst steuern zu können, ohne wie so viele andere Schwellenländer von ausländischem Kapital abhängig zu sein.
Öffnung des chinesischen Aktienmarktes
In den letzten Jahren gab es aber einige beachtliche Fortschritte, den schwer durchschaubaren chinesischen Aktienmarkt für ausländische Anleger zu öffnen.
Die harte Trennung zwischen chinesischen Aktien, die an den Börsen in Shanghai und Shenzhen notiert und nur chinesischen Anlegern vorbehalten sind, und den chinesischen Aktien, die in Hongkong oder an ausländischen Börsen, z.B. in den USA, notiert sind, wurde aufgeweicht. Diese Öffnung ist positiv und wird auf lange Sicht dem chinesischen Aktienmarkt Auftrieb geben.
Aufnahme chinesischer A-Aktien in
den MSCI Emerging Markets Index
So hat z.B. der führende Indexanbieter MSCI am 31. Mai 2018 erstmals 226 chinesische A-Aktien in seinen Schwellenländerindex MSCI Emerging Markets aufgenommen. Bisher konnten wie gesagt mit wenigen Ausnahmen nur chinesische Anleger in A-Aktien investieren. Bis es soweit war, waren 5 Jahre mit Vorarbeiten nötig, denn MSCI legt strenge Kriterien an die Indexaufnahme an.
Der Anteil von A-Aktien am MSCI Emerging Markets liegt zwar aktuell nur bei verschwindend geringen 0,8%, aber bis Jahresende soll ihr Anteil Schritt für Schritt auf 5% des Index steigen.
Sollten einmal alle A-Aktien in den MSCI Emerging Markets Index aufgenommen werden, dann würde ihr Anteil mehr als 16% betragen. Zusammen mit den bereits im Index enthaltenen chinesischen Aktien würde der Anteil Chinas im Schwellenländerindex dann auf über 40% steigen.
Doch schon jetzt bekommt derjenige, der z.B. über einen ETF in den MSCI Emerging Markets Index investiert, "viel China": 7 der 10 größten Werte im Index sind chinesische Unternehmen, darunter die Internetunternehmen Tencent, Alibaba und Baidu sowie die Finanzwerte China Construction Bank, ICBC und Ping An Insurance.
MSCI Emerging Markets Index – Die 10 Schwergewichte:
Rang |
Aktie (Land) |
Börsenwert* |
Gewicht im Index |
1 |
Tencent (CHN) |
286 |
5,5% |
2 |
Alibaba (CHN) |
215 |
4,1% |
3 |
Samsung (KOR) |
202 |
3,8% |
4 |
Taiwan Semiconductor (TWN) |
175 |
3,3% |
5 |
Naspers (ZAF) |
112 |
2,1% |
6 |
China Construction Bank (CHN) |
89 |
1,7% |
7 |
Baidu (CHN) |
67 |
1,3% |
8 |
China Mobile (CHN) |
55 |
1,0% |
9 |
ICBC (CHN) |
52 |
1,0% |
10 |
Ping An Insurance (CHN) |
48 |
0,9% |
*Marktkapitalisierung in Milliarden US-Dollar |
Die Konzentration auf Internet-Aktien und Finanzwerte spiegelt die Struktur der chinesischen Wirtschaft allerdings nicht gut wider. Das könnte sich durch die Integration der A-Aktien ändern, denn dadurch werden neben Finanz- und Immobilienwerten auch Konsum-Aktien wie Qingdao Haier und Elektroauto-Hersteller wie BYD aufgenommen.
Umschichtung im Hang-Seng China Enterprises Index
Neben dem MSCI Emerging Markets gibt es natürlich auch Indizes, die nur chinesische Aktien enthalten. Der Hang-Seng China Enterprises Index (HSCEI) z.B. enthält die in Hongkong notierten Aktien von Unternehmen, die hauptsächlich in China selbst tätig sind.
Ausländer können ohne Probleme in diese Aktien oder in diesen Index investieren. Aber er bietet nur einen Ausschnitt von Chinas Unternehmen, enthalten sind vor allem die großen Banken und Rohstoffkonzerne Chinas.
Hang-Seng China Enterprises – Die 10 Schwergewichte:
Rang |
Aktie |
Branche |
Gewicht im Index |
1 |
Ping An Insurance |
Versicherungen |
10,1% |
2 |
China Construction Bank |
Banken |
9,8% |
3 |
ICBC |
Banken |
9,7% |
4 |
Bank of China |
Banken |
8,8% |
5 |
Sinopec Corp |
Energie |
5,1% |
6 |
China Life |
Versicherungen |
4,3% |
7 |
Tencent |
Internet / IT |
4,2% |
8 |
Petrochina |
Energie |
3,6% |
9 |
China Mobile |
Mobilfunk |
3,5% |
10 |
CM Bank |
Banken |
3,2% |
Insbesondere die Aktien der großen Internetunternehmen wie Alibaba, Baidu etc. sind mit Ausnahme von Tencent im Index nicht vertreten. Diese Unternehmen gingen von vornherein den Weg, ihre Aktien an ausländischen Börsen zu notieren, besonders in den USA.
Allerdings konnte auch die Aufstockung von 40 auf 50 Werte, die im März 2018 erfolgte, an der Konzentration auf die Finanzbranche (Banken, Versicherungen, Immobilienfinanzierer) wenig ändern, ihr Anteil beträgt immer noch stattliche 64%.
Der repräsentativere MSCI China Index
Der HSCEI ist wegen dieser Konzentration aus meiner Sicht für Anleger wenig attraktiv. Zumal die am schnellsten wachsenden Unternehmen aus dem Internetsektor weitgehend ausgesperrt sind.
Diese dominieren z.B. den MSCI China Index, der sich aus chinesischen Aktien mit einer Notierung an Auslandsbörsen und in Hongkong zusammensetzt.
Der MSCI China entwickelte sich wegen der starken Gewichtung der erfolgreichen Internet-Aktien in den letzten 5 Jahren deutlich besser als der HSCEI, der seinerseits unter der Underperformance der Finanzwerte litt:
Der MSCI China Index hat ab Anfang 2017 die anderen beiden Indizes deutlich abgehängt. Insgesamt zeigte der MSCI Emerging Markets Index geringere Kursausschläge.
Die größten Aktien im MSCI China Index sind Tencent und Alibaba. Auf die beiden Titel entfallen allein 29 Prozent der Gewichtung. Mit 152 Aktien umfasst der Index allerdings stattliche 85 Prozent des chinesischen Aktienmarktes.
MSCI China Index – Die 10 Schwergewichte:
Rang |
Aktie |
Branche |
Gewicht im Index |
1 |
Tencent |
Internet |
16,7% |
2 |
Alibaba |
Internet |
12,5% |
3 |
China Construction Bank |
Banken |
5,2% |
4 |
Baidu |
Internet |
3,9% |
5 |
China Mobile |
Mobilfunk |
3,2% |
6 |
ICBC |
Banken |
3,0% |
7 |
Ping An Insurance |
Versicherungen |
2,8% |
8 |
Bank of China |
Banken |
2,3% |
9 |
CNOOC |
Öl und Gas |
1,8% |
10 |
JD.com |
Internet |
1,6% |
Mein Fazit
China ist inzwischen einer der größten Aktienmärkte der Welt und chinesische Aktien sollten in keinem langfristig ausgerichteten Depot fehlen. Und wenn alles doch irgendwann auf eine Vereinbarung zwischen den USA und China hinausläuft, ist dann aktuell nicht eine gute Gelegenheit in chinesische Aktien zu investieren?
Das sehe ich durchaus so. Allerdings dürfen Sie dann keine Angst davor haben, dass es bei einer weiteren Eskalation des Handelsstreits an den Börsen noch weiter nach unten gehen kann.
Der direkte Kauf von Einzel-Aktien ist aus meiner Sicht die beste Möglichkeit zu investieren, aber dann sollten Sie gut informiert sein und Ihr Investment in ein ausgewogenes und diversifiziertes Aktiendepot einbetten. Chinesische Aktien können trotz allem da nur eine Beimischung sein.
Der Kauf eines ETF auf einen Aktienindex ermöglicht dagegen per se eine Streuung. Aber welchen Index nehmen? Der MSCI China Index spiegelt den chinesischen Aktienmarkt gut wieder. Ein großer Nachteil ist aber die starke Klumpenbildung mit der hohen Gewichtung zweier Aktien, nämlich Tencent und Alibaba.
Aus meiner Sicht ist der MSCI Emerging Markets Index wegen der größeren Streuung und der geringeren Kursschwankungen ebenfalls gut geeignet, um von einem Aufholen des chinesischen Aktienmarktes und der Aktienmärkte der Schwellenländer insgesamt zu profitieren.
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