Die Nachfrage nach Gold verzeichnet neue Rekorde...
Liebe Leserin, lieber Leser,
der Preis für eine Unze Gold ist zuletzt auf den höchsten Stand seit Anfang August gestiegen. Grund dafür sind Hoffnungen, dass die US-Notenbank den Leitzins nicht ganz so stark anhebt wie bislang erwartet. Auslöser dafür war ein überraschend starker Rückgang der Inflationsrate in den USA, der Druck von der US-Notenbank nehmen könnte.
Einige US-Notenbanker versuchten allerdings in den letzten Tagen diese Erwartungen wieder zu dämpfen, der Kampf gegen die Inflation werde noch lange dauern. Dennoch führten die Hoffnungen auf eine weniger aggressive Geldpolitik zu einem Rückgang der Renditen für US-Staatsanleihen und einer Abwertung des US-Dollars. EUR/USD stieg auf den höchsten Stand seit Anfang Juli.
Kurzfristig orientierte Anleger, die z.B. Gold-Fonds nutzen, um ihr Depot zu diversifizieren oder auch Akteure am Futuresmarkt sehen mehr Chancen für die Goldanlage, wenn die Zinsen nicht mehr steigen und wenn der US-Dollar abwertet. So haben in der letzten Woche spekulative Profi-Anleger ihre Short-Positionen auf Gold am Futuresmarkt deutlich reduziert, wie aus den Daten der US-Aufsichtsbehörde CFTC hervorgeht.
Die Nachfrage nach Gold ist so hoch wie seit 2012 nicht mehr
Die Entwicklung der letzten Tage zeigte einmal mehr, dass die Entwicklung beim Goldpreis maßgeblich vom Verhalten kurzfristig orientierter Finanzinvestoren beeinflusst wird. Deren Präferenzen können sich allerdings auch schnell wieder ändern. Doch auch die fundamentalen Daten zum Goldmarkt liefern Grund für Optimismus.
So stieg die Nachfrage nach Gold den Daten des Branchenverbands World Gold Council zufolge im 3. Quartal weltweit um 28 Prozent gegenüber dem Vorjahr auf 1.181 Tonnen an. So hoch war die Nachfrage in einem 3. Quartal nicht mehr seit 2012. Die Grafik zeigt den starken Anstieg der Nachfrage im Vergleich zu den beiden eher schwachen Vorjahren:
Besonders stark kletterte die Nachfrage nach Barren und Münzen, und zwar um 36 Prozent gegenüber dem Vorjahr auf den höchsten Stand seit 2011. Und die Dynamik scheint groß, denn auch gegenüber dem Vorquartal gab es ein Plus von 40 Prozent.
Starke Käufe gab es in China, dem Mittleren Osten, der Türkei und Westeuropa. Die Furcht vor Inflation und wachsender geopolitischer Unsicherheit dürfte ein maßgeblicher Grund für das große Interesse gewesen sein.
Das spricht gegen den durch die enttäuschende Entwicklung beim Goldpreis entstandenen Eindruck, dass die Anleger kein Interesse mehr an Gold haben. Es gibt offenbar einen großen Unterschied zwischen privaten Anlegern und Profis, denn bei Gold-ETFs, also börsennotierten Goldfonds, gab es im 3. Quartal erhebliche Abflüsse. In Gold gerechnet flossen dadurch 227 Tonnen in den Markt zurück, erhöhten also quasi das verfügbare Angebot.
Abflüsse aus den Gold-ETFs
Es war der stärkste Abfluss aus Goldfonds seit 2013. Die sich aus den beiden Komponenten ETFs sowie Barren/Münzen zusammensetzende Investmentnachfrage war daher im 3. Quartal nur halb so hoch wie im Vorjahr. Der größte Teil der Abflüsse entfiel mit 149 Tonnen auf in den USA notierte Gold-ETFs.
Allerdings hat der Kapitalmarkt in den USA auch für ausländische Anleger eine große Bedeutung, es waren sehr wahrscheinlich nicht nur US-Amerikaner, die für diese Verkäufe verantwortlich sind. Allerdings spielen die Zinserhöhungen der US-Notenbank und die Aufwertung des US-Dollars gewiss eine maßgebliche Rolle für die Abflüsse aus den ETFs, denn das macht Gold wie bereits erwähnt für kurzfristig orientierte Anleger unattraktiver.
Die Aussicht auf Zinserhöhungen beeinflusst aber auch das Verhalten der europäischen Anleger, denn auch aus europäischen Gold-ETFs gab es Abflüsse in Höhe von 78 Tonnen.
Auch die Käufe der Juweliere, mit einem Anteil von etwa 50 Prozent die wichtigste Nachfragekomponente, stiegen im 3. Quartal um 13 Prozent gegenüber dem. Besonders in den wichtigen Märkten für Goldschmuck in Indien, China und der Türkei waren die Käufe hoch, auch hier dürfte neben der Aufhebung von Beschränkungen wegen der Pandemie die Rolle des Goldes als sichere Geldanlage eine Rolle gespielt haben.
Gold-Käufe der Notenbanken auf Rekordhoch
Für einen richtigen Paukenschlag sorgten aber die Käufe der Notenbanken, die im 3. Quartal auf 399 Tonnen nach oben schnellten, das ist mehr als doppelt so viel wie der bisherige Rekord aus dem Jahr 2018. Bereits jetzt ist das Ausmaß der Käufe höher als in jedem anderen Jahr seit 1967.
Allerdings sind die Daten etwas schwer zu interpretieren, denn bei 80 Prozent dieser Käufe ist es bisher unklar, welche Notenbanken dafür verantwortlich sind. Die Zahlen beruhen daher auf Schätzungen. Das World Gold Council verweist auf einen großen Umfang zuvor nicht gemeldeter Käufe aus den Vorquartalen und hält Revisionen der Zahlen in den nächsten Monaten für wahrscheinlich, wenn genauere Informationen vorliegen.
Ich bin bereits im Report vom 6. Juli darauf eingegangen, dass die Goldkäufe der Notenbanken kräftig steigen. Das hat sich jetzt kurzfristig bestätigt, dürfte sich als Trend aber auch in den nächsten Jahren fortsetzen. Es wechselt dabei, welche Notenbanken das meiste Gold kaufen, von den 20 Prozent bei denen die Herkunft der Käufe im 3. Quartal bekannt ist, waren die Türkei, Indien und Usbekistan die eifrigsten Goldkäufer.
Ein Grund für die zunehmenden Käufe in den letzten Quartalen könnte sein, dass die Sanktionen gegen die russische Zentralbank vielen Notenbankern vor Augen geführt haben, dass Reserven in Fremdwährungen nicht wirklich sicher sind. Daneben spielt eine zunehmende Unabhängigkeit vom US-Dollar als wichtigster Reservewährung eine große Rolle.
Mein Fazit
Die kurzfristige Entwicklung beim Goldpreis wird maßgeblich vom Anlageverhalten der Finanzinvestoren bestimmt. Der Abbau von Short-Positionen am Futuresmarkt hat die Rallye beim Goldpreis in den letzten Tagen mit angetrieben. Dieser Faktor verliert aber inzwischen an Bedeutung, entsprechend dürfte auch der Schwung der Preiserholung abnehmen.
Sollte sich aber die Skepsis der kurzfristig orientierten Gold-Anleger dauerhaft verringern, dann wird dies dem Preis weiter Auftrieb geben. Doch hier wird es auch Rückschläge geben, denn die Notenbanken werden die Zinsen weiter erhöhen.
Du solltest aber auch bei Gold die langfristige und die kurzfristige Perspektive auseinanderhalten. Langfristig halte ich zur Absicherung gegen Krisen und zur Diversifikation einen Anteil von 10-15% Gold am Anlagedepot für angemessen. Am besten physisch in Form von Münzen oder Barren.
Bei kurz- und mittelfristigen Positionen orientiere ich mich vor allem an der aktuellen charttechnischen Einschätzung. Und hier steht Gold im Bereich von 1.800 US-Dollar vor einem wichtigen Widerstand.
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Herzliche Grüße und bis kommende Woche
Dein
Lars Erichsen
Chefredakteur Rendite-Report
www.rendite-report.de
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