Platin leidet seit Jahren unter
einer schwachen Nachfrage...
Liebe Leserin, Lieber Leser,
von den vier Edelmetallen Gold, Silber, Platin und Palladium zeigte Platin in den letzten Jahren bei weitem die schwächste Preisentwicklung. Der Gold-Preis stieg in den letzten 10 Jahren um 69%, Silber um 63% und Palladium um sagenhafte 403%. Der Platin-Preis gab dagegen um 36% nach.
Logisch, dass Platin, das in früheren Jahren von den vier Edelmetallen meist das teuerste war, inzwischen relativ zu den anderen so billig zu haben ist wie noch nie.
Die Schwäche von Platin hat einen Grund: Seit 2015 gibt es einen Angebotsüberschuss am Markt. Ist das Angebot bei einem Gut höher als die Nachfrage, dann fällt in der Regel der Preis. Die Gesamtnachfrage nach Platin liegt heute etwa 10% niedriger als 2012, die Produktion der Platin-Minen ist dagegen in diesem Zeitraum gestiegen.
Die Nachfrage der Auto-Industrie nach Platin stagniert
Die beiden Platin-Metalle besitzen besondere chemische Eigenschaften und werden daher gerne in Katalysatoren eingesetzt und werden auch in anderen Industrie-Branchen benötigt. 42% der Platin-Nachfrage entfielen 2019 auf die Auto-Industrie, weitere 27% aus anderen Industrie-Branchen. Bei Palladium gehen sogar 82% in die Auto-Industrie und 16% in andere Branchen.
Platin wird seit Jahren allerdings vor allem in Diesel-Katalysatoren verwendet, Palladium dagegen in Benzin-Motoren. Während der Diesel-Antrieb aber in einer Krise steckt, nahm die Nachfrage nach Palladium sogar zu, weil mit steigenden Umweltstandards die Anforderungen an Katalysatoren wachsen. Der Palladium-Preis markierte daher immer neue Rekordhochs, während der Platin-Preis bestenfalls seitwärts tendierte.
Die Corona-Krise hat bei beiden Edelmetallen zu einem kurzfristigen Preiseinbruch geführt. Platin konnte den Rückgang bereits fast komplett wieder aufholen, Palladium wenigstens zum Teil. Zwar ist die Nachfrage der Industrie eingebrochen, aber auch das Angebot ging zurück, denn die Minen in Südafrika und anderen Ländern mussten ihre Produktion einschränken.
Die Preiserholung bei Platin und Palladium ist zum einen darauf zurückzuführen, dass die Industrie-Nachfrage angesichts der Konjunkturerholung wieder anziehen dürfte. Zum anderen dürften die beiden Edelmetalle auch vom Aufwärtstrend bei Gold und Silber profitieren.
Die Nachfrage nach Platin-ETFs zieht wieder an
Die Nachfrage von Finanz-Investoren, nach ETFs oder auch nach Barren und Münzen, spielt bei den Platin-Metallen dagegen eine untergeordnete Rolle. Zudem wird die ETF-Anlage in diesem Bereich bislang von wenigen Akteuren dominiert, die teils spezielle Ziele verfolgen.
Anfang 2019 haben z.B. südafrikanische Investoren in Rekordumfang Platin-ETFs gekauft, als dessen Preis unter 800 US-Dollar je Unze gefallen ist. In den ersten vier Monaten 2020 gab es dagegen Abflüsse, obwohl der Preis tiefer abgesackt ist. Ab Mai hat sich das aber geändert, die Platin-ETFs zeigen wieder Zuflüsse. Die Abflüsse des 1. Quartals wurden nach Angaben des Branchenverbands World Platinum Investment Council inzwischen wieder aufgeholt.
Das Auf und Ab zeigt: Der Einfluss der Finanz-Investoren auf den Platin-Markt ist noch unberechenbarer als der bei Gold oder Silber. Dafür hat die Nachfrage nach Barren und Münzen 2020 deutlich angezogen, vor allem in Japan und den USA.
Platin wird für Brennstoffzellen benötigt
Neben diesen kurzfristigen Einflüssen auf den Preis gibt es aber auch langfristig durchaus spannende Entwicklungen: Der Prognose des Beratungs-Unternehmens SFA Oxford zufolge wird der Platin-Bedarf für Brennstoffzellen wegen der Verbreitung dieser Technologie in den nächsten 10 Jahren von 60.000 auf 500.000 Unzen steigen.
Aber das ist höchst unsicher, denn die Techniker sind bemüht, den Platin-Bedarf zu reduzieren. Das ist bereits in den letzten Jahren gelungen. Ob die Platin-Nachfrage also in den nächsten Jahren tatsächlich deutlich steigt, wird auch vom technologischen Fortschritt abhängen. Und davon, ob diese Zunahme einen möglichen Rückgang der Nachfrage nach Platin für Katalysatoren von Verbrennungs-Motoren kompensiert.
Mein Fazit
Am Platin-Markt besteht seit Jahren ein Angebotsüberschuss, das wird nach Ansicht von Experten auch 2020 so bleiben. Allerdings könnte Platin zunehmend in den Fokus von Finanz-Investoren gelangen, auch wegen der „Brennstoffzellen-Phantasie“.
Die Preisprognosen der Marktexperten sind eher bescheiden. Nach einer Umfrage von Reuters sehen die Analysten den Platin-Preis im Durchschnitt des Jahres 2021 nur bei 913 US-Dollar je Unze – der Preis steht aktuell höher. Doch diese Skepsis muss ja kein schlechtes Zeichen sein.
Der Markt ist im Vergleich zu Gold eng, so dass ein deutlicher Anstieg der Investment-Nachfrage schnell zu einer Rallye führen könnte. Aber die Investment-Nachfrage ist kaum berechenbar, auf einen Preisanstieg zu setzen, halte ich daher für sehr spekulativ und nur etwas für aktive Anleger!
Platin und Palladium sind wegen der starken Preisschwankungen sowie wegen der großen Bedeutung der Nachfrage aus der Industrie aus meiner Sicht kein adäquater Ersatz für Gold oder Silber als Krisenschutz in einem Langfrist-Depot.
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