Billigflieger vor Bruchlandung?
Liebe Leser,
lange Zeit lehrten in der Luftfahrtbranche aggressive Billigflieger wie Ryanair der etablierten Konkurrenz das Fürchten. Selbst Traditions-Konzerne wie die Lufthansa sahen und sehen sich einem harten Preiskampf ausgeliefert.
Inzwischen jedoch hat sich der Wind gedreht, denn die Billigcarrier drohen von der sich immer schneller drehenden Abwärtspreisspirale bei den Flugtickets in den Abgrund gezogen zu werden.
Dass die Pleite von Air Berlin im Sommer 2017 die letzte in der Branche sein würde, war daher nicht zu erwarten. In dieser Woche war es dann wieder soweit: Der Billigflieger Germania hat Insolvenz angemeldet.
Kann das auch weit größeren Unternehmen wie Ryanair, Easyjet oder Norwegian passieren und was bedeutet die neue Pleite für die Lufthansa bzw. die Lufthansa-Aktie?
Das Problem der Billigflieger ist zu einem großen Teil selbstgemacht. Größenwahn und ein irrwitziger Expansionsdrang haben Überkapazitäten geschaffen, die in Verbindung mit der oft dünnen Kapitaldecke der Billigairlines ein toxisches Gemisch bilden.
Schon wenn die Kalkulation z.B. wegen steigender Spritpreise nicht wie erwartet aufgeht, gerät so manches Unternehmen gefährlich ins Trudeln. Selbst Branchengrößen wie Norwegian sind davon nicht ausgenommen. Das spiegelt sich auch in den Aktienkursen der Unternehmen wider.
In den letzten fünf Jahren konnte nur die Ryanair-Aktie besser als das Lufthansa-Papier abschneiden. Je kürzer jedoch der Betrachtungszeitraum, umso besser fällt der Vergleich für die Lufthansa aus. Auf Sicht der letzten zwölf Monate schlägt die Lufthansa-Aktie auch das Ryanair-Papier.
Der Absturz bei Norwegian – dem mit 37 Mio. Passagieren drittgrößten Billigflieger – kommt nicht wirklich überraschend. Selbst Ryanair-Chef O´Leary soll das Geschäftsgebaren der Norweger als wahnsinnig bezeichnet haben, als das Unternehmen bspw. 2012 ganze 222 neue Flugzeuge bestellte. Inzwischen sucht Norwegian Investoren, um das Unternehmen zu retten. Kommt Ihnen das bekannt vor? Air Berlin lässt grüßen.
Doch auch Marktführer Ryanair ist ins Straucheln geraten. Im vergangenen Quartal rutschte Ryanair in die Verlustzone und warnte die Anleger, dass selbst die reduzierten Jahresziele verfehlt werden könnten. Der Grund: Laut O´Leary bleiben die Überkapazitäten vor allem auf der Kurzstrecke auch 2019 bestehen.
Die Marktbereinigung läuft bereits seit der Air Berlin-Pleite
Nicht nur Urlauber und Geschäftsreisende sollten also gut überlegen, bei welcher Airline sie ihre nächsten Flüge buchen. Auch für uns Anleger klingeln die Alarmglocken, denn die Marktbereinigung bei den Billigfliegern ist spätestens mit der Air Berlin-Pleite schon im Gange.
Ryanair dürfte sicher nicht pleitegefährdet sein, das Unternehmen ist trotz der geschilderten Problematik immer noch profitabel. Die Aktie scheint dennoch nicht besonders attraktiv, auch weil der Brexit für die gesamte Branche weitere Unsicherheiten schafft. Auch von den Aktien der anderen Billigflieger sollte man derzeit lieber die Finger lassen.
Lufthansa als Profiteur der Billigfliegermisere?
Die Marktbereinigung spielt wie schon die Air Berlin-Pleite vor allem den etablierten Anbietern wie der Lufthansa in die Hände. Die Germania hatte 2018 immerhin noch vier Mio. Passagiere befördert, die nun zumindest teilweise zur Lufthansa oder einer ihrer Töchter wie Eurowings abwandern werden.
Der Effekt im Falle Germania ist allerdings weitaus geringer als im Falle Air Berlin. Langfristig dürfte die Lufthansa jedoch zu den Gewinnern der Branchenkonsolidierung zählen. Neue Geschäftszahlen gibt es von der Lufthansa übrigens am 14. März.
Mein Fazit
Die Gesetze des Marktes setzen sich früher oder später immer durch. Expansion nur um der Größe willens ohne einen Plan, wie langfristig Umsätze in Profite umgewandelt werden können, ist zum Scheitern verurteilt.
Auch bei der Lufthansa ist sicherlich nicht alles Gold was glänzt, denn auch die Kranichlinie hat genügend Probleme und Baustellen. Mit einem KGV 2019e von 5,3 ist jedoch schon viel Skepsis im Aktienkurs eingepreist.
Für langfristig orientierte Anleger mit der entsprechenden Risikobereitschaft – die muss auf jeden Fall mitgebracht werden – könnte sich die Lufthansa-Aktie daher durchaus lohnen.
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