Warum die Zinsen noch lange
extrem niedrig bleiben werden!?
Liebe Leserin, Lieber Leser,
der Handelsstreit zwischen den USA und China hat sich nach dem Treffen zwischen den beiden Präsidenten Chinas und der USA am Wochenende etwas entspannt.
Die USA lockern das Embargo gegen Huawei und drehen nicht weiter an der Zollschraube, China kauft dafür Soja und andere Agrarprodukte von Donald Trumps Stammwählerschaft im Mittleren Westen der USA. Die Börsen reagierten darauf anfangs mit einem Kursfeuerwerk, der DAX stieg auf ein neues Jahreshoch.
Keine echte Lösung in Sicht
Anschließend kehrte aber schnell Ernüchterung ein, denn die entscheidenden Streitfragen im Handelskonflikt wurden natürlich nicht gelöst, immerhin gibt es aber mehr Zeit für Verhandlungen. Dass diese zu einem Erfolg führen, könnte aber eher an den „roten Linien“ Pekings scheitern als an der US-Regierung.
Präsident Xi ist nicht der unumschränkte Chef, für den ihn viele halten. Er steht unter enormen innerparteilichen Druck und kann sich keine Zugeständnisse leisten, die an der Souveränität Chinas kratzen. Das wäre aber der Fall, wenn – wie von Washington gewünscht – Peking im Vertrag konkrete Gesetzesänderungen zusagt, um das Vereinbarte zu zementieren.
Die Weltkonjunktur schwächt sich weiter ab
Die wichtigste Frage ist nun: Reicht das aus, um der Weltkonjunktur wieder auf die Sprünge zu helfen? Vermutlich nicht, denn die Unsicherheit geht ja weiter. Viele Unternehmen werden mit neuen Investitionen weiterhin zurückhaltend sein.
Immerhin wird der Waffenstillstand zur Beruhigung der Lage beitragen und eine Abwärtsspirale verhindern oder wenigstens unwahrscheinlicher machen. Die meisten Konjunkturdaten lagen allerdings zuletzt unter den Erwartungen, insbesondere die Industrie erlebt einen Abschwung. Betroffen sind vor allem China und exportorientierte Länder wie Deutschland.
Aber auch die Konjunktur in den USA ist nicht mehr so robust wie noch vor einigen Monaten. Hier zeigen sich ebenfalls vor allem in der Industrie Bremsspuren. Dafür ist nicht nur der Handelsstreit verantwortlich, auch der Wachstumsimpuls, der durch die Steuerreform der Trump-Regierung ausgelöst wurde, scheint verpufft.
Nachdem die Wachstumsrate des Bruttoinlandsprodukts (BIP) 2018 auf 2,9% kletterte, ist für 2019 ein Rückgang auf 2,5% zu erwarten, 2020 könnte es sich weiter auf 1,9% abschwächen:
In der Eurozone setzte der Abschwung schon früher ein, nämlich 2018. Viele Experten rechnen allerdings 2020 mit einer Erholung. Doch ob das so kommt, ist an viele Bedingungen geknüpft, z.B. daran, dass es zu keiner weiteren Eskalation im Handelsstreit mit den USA kommt.
Chinas Wirtschaft wächst schwächer
Am stärksten betroffen vom Handelsstreit ist aber natürlich die Wirtschaft Chinas. Das Land kämpft ohnehin mit strukturellen Problemen, wie z.B. Überkapazitäten in bestimmten Sektoren und faulen Krediten, die auch eine Folge der kreditgetriebenen Expansionsphase nach 2009 sind.
Damals hat China wesentlich dazu beigetragen, dass die Weltwirtschaft die schwere Rezession der Jahre 2008 und 2009 relativ rasch hinter sich lassen konnte. Überhaupt ist China seit vielen Jahren der wichtigste Wachstumsmotor der Weltwirtschaft, wie diese Grafik zeigt:
China ist immer noch allein für etwa ein Drittel des Wachstums der Weltwirtschaft verantwortlich. Doch der Motor stottert, das BIP-Wachstum schwächt sich seit 2013 ab. 2018 belief sich die Wachstumsrate auf 6,6%, bis 2020 dürfte sie auf 6,0% fallen. Das klingt immer noch viel, aber China braucht hohes Wachstum, um Arbeitsplätze für die vom Land in die Städte strömende Bevölkerung zu schaffen.
Immerhin wurde aber die "Last des Wachstums" in den letzten Jahren auf mehrere Schultern verteilt, speziell die USA wurden zum Wachstumsmotor. Auch deswegen ist die Weltwirtschaft seit 2012 relativ konstant mit Raten zwischen 3,1 und 3,7% gewachsen.
Das war aber nur möglich, weil die Notenbanken der USA, der Eurozone und Japans die Wirtschaft mit reichlich Liquidität versorgten und die Zinsen extrem absenkten. Und auch wenn es kurze Zeit anders aussah: Die Politik der niedrigen Zinsen ist noch nicht zu Ende.
Die US-Notenbank will den Leitzins senken
Die US-Notenbank hat vor kurzem signalisiert, den Leitzins nach wenigen Anpassungen nach oben wieder senken zu wollen. Grund dafür sind der Handelsstreit und die Sorge um die US-Konjunktur. Nach dem Waffenstillstand im Handelsstreit gibt es nun allerdings Spekulationen, die US-Notenbank könnte auf die angedeuteten Zinssenkungen verzichten.
Das halte ich für unwahrscheinlich. Zum einen sind die negativen Auswirkungen auf die US-Konjunktur wie gesagt bereits spürbar. Zum anderen kann sich die FED aus ihrer Sicht Zinssenkungen leisten, denn die Inflation ist trotz des bereits seit 2009 anhaltenden Aufschwungs moderat, sie beträgt etwa 2,0%.
Und das liegt vor allem daran, dass das Wachstum des BIP seit Jahren unter dem Potenzialwachstum liegt. Das bedeutet: Die Wirtschaft ist nicht so stark gewachsen, wie es angesichts der Zunahme von Arbeitskräften und Kapital möglich gewesen wäre.
Die Wirtschaft wächst nicht stark genug
Was akademisch klingt, hat weitreichende Folgen. Nur wenn die reale Wachstumsrate des BIP über dem Potenzialwachstum liegt, werden Arbeitskräfte knapp, die Löhne steigen und damit letztlich, als Nebeneffekt, auch die Inflation.
Die US-Wirtschaft befindet sich bereits seit 2009 in einem Konjunkturaufschwung, das ist ein Rekord! Trotzdem ist es erst vor kurzem gelungen, den schweren Einbruch durch die Rezession 2008/2009 wieder aufzuholen.
Kein Wunder, denn den Schätzungen des Congressional Budget Office (CBO) zufolge öffnete sich durch die Rezession eine Lücke von 1.000 Milliarden US-Dollar zwischen dem Wirtschaftspotenzial und dem tatsächlichen Bruttoinlandsprodukt.
Trotz des Wirtschaftswachstums hielt das Wachstum der Löhne in den USA (und nicht nur da) in den letzten Jahren nicht mit dem der Wirtschaft Schritt. Aus dem "Rekord-Aufschwung" wurde dadurch eine gefühlte (und für viele Arbeitnehmer reale) Stagnation oder sogar ein Abschwung.
Mein Fazit
Die US-Notenbank wird daher voraussichtlich die Zinsen senken, um das Wachstum wieder anzukurbeln. Ziel der Notenbanker ist es, eine Situation zu schaffen, in der sich die Löhne und die Beschäftigungsaussichten wieder dauerhaft verbessern.
Aber auch noch aus einem anderen Grund ist die von manchen befürchtete Rezession unwahrscheinlich: So wird Donald Trump alle Hebel in Bewegung setzen, um die Wirtschaft bis zur Präsidentschaftswahl im Herbst 2020 am Laufen zu halten, um seine Chancen auf eine weitere Amtszeit zu erhöhen.
Doch die lange Periode der niedrigen Zinsen birgt viele Risiken. So können z.B. neue Kreditblasen entstehen. Die offensichtlichste Folge ist aber, dass Anleger in Sachwerte wie Aktien, Immobilien u.a. getrieben werden. Deren Preise sind in den letzten Jahren bereits stark gestiegen und das kann durchaus so weitergehen.
Möglicherweise endet das Ganze irgendwann in einem Crash, trotzdem haben Anleger aus meiner Sicht kaum eine andere Wahl, als sich dem anzupassen und auf Aktien zu setzen. Bei Sparguthaben und ähnlichem droht ansonsten ein andauernder realer Wertverlust.
Auf einen Crash am Aktienmarkt zu warten, ist aus meiner Sicht keine Option, zumal er bereits seit Jahren vorhergesagt wird und keineswegs sicher ist. Außerdem gibt es immer noch Möglichkeiten darauf zu reagieren und das Depot abzusichern, wenn er denn kommen sollte.
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