Das steckt hinter Buffetts Investment!
Liebe Leserin, Lieber Leser,
stets zieht es große Aufmerksamkeit auf sich, in welche Aktien die Börsenlegende Warren Buffett investiert. Aus gutem Grund, denn seit vielen Jahrzehnten legt er mit seiner Investmentgesellschaft Berkshire Hathaway nicht nur einfach Geld am Aktien-Markt an, sondern investiert langfristig in aus seiner Sicht aussichtsreiche Unternehmen. Nicht selten werden ganze Unternehmen oder maßgebliche Anteile gekauft.
Konservative Anlage-Strategie
Bei seinen Investments folgt Buffett dem Grundsatz, in seiner Ansicht nach unterbewertete Unternehmen zu investieren. Das erfordert natürlich ausführliche Analysen und auch eine antizyklische Denkweise. Mit der Zeit würden die Aktien dann steigen und den Bewertungsrückstand aufholen – so die Annahme. Und das hat auch meist geklappt.
In den letzten Jahren hat Buffetts Image als unfehlbarer Investor aber Kratzer bekommen, die Performance der Berkshire-Hathaway-Aktie konnte den Gesamt-Markt nicht mehr übertreffen. Das zeigte sich auch zuletzt: Während z.B. der US-Aktien-Index S&P auf ein neues Allzeithoch steigen konnte, ist das Berkshire Hathaway bisher nicht gelungen.
Internet- und Technologie-Boom (fast) verpasst
Der Grund: Warren Buffett verfolgt – vereinfacht gesprochen – den Grundsatz nur in Unternehmen zu investieren, deren Geschäftsmodell er versteht. Das hat ihn lange davon abgehalten, z.B. in Aktien von Internet-Konzernen wie Facebook, Alphabet (Google) und Amazon zu investieren.
Es waren aber besonders diese Aktien, die sich in den letzten Jahren – und auch seit dem Absturz der Aktien-Märkte im März – besonders stark entwickelten und wegen ihrer großen Börsengewichtung auch Aktien-Indizes wie den S&P 500 nach oben zogen.
Die wichtigsten Aktien im Portfolio von Berkshire Hathaway stammen dagegen überwiegend aus traditionellen Branchen wie Banken, Energie und Konsum. Dort gab es zwar meist solide Renditen, aber kein überbordendes Wachstum. Erst in den letzten Jahren hat Buffett auch in Amazon und Apple investiert und damit verhindert, dass die Wertentwicklung von Berkshire Hathaway in den letzten Monaten noch stärker hinter dem Gesamt-Markt zurückblieb.
Investiert Warren Buffett nun stärker in Internet- und Technologie-Aktien? Es sieht nicht so aus, jedenfalls nicht in großem Umfang. Das dürfte auch daran liegen, dass ein Investment zu diesem Zeitpunkt seinem Grundsatz widerspräche vor allem unterbewertete oder wenigstens günstige Aktien zu kaufen.
Berkshire Hathaway steigt in Japan ein
Stattdessen gab es in den letzten Tagen eine Überraschung: Berkshire Hathaway investierte bislang 6,2 Milliarden US-Dollar in fünf japanische Handelshäuser, nämlich Itochu, Marubeni, Mitsubishi, Mitsui & Co. und Sumitomo. Mehr als fünf Prozent hält die Beteiligungsgesellschaft bereits an jedem der Unternehmen, die Anteile könnten aber auf 9,9 Prozent steigen.
Die fünf Gesellschaften sind vor allem im Rohstoff- und Energiehandel tätig, sind aber als Konglomerate auch in Bereichen wie Rohstoff-Förderung, Stahl und Schiff-Fahrt investiert. Weltweit bestehen Joint-Ventures. Genau diese unübersichtliche Struktur hat gerade ausländische Anleger bisher davon abgehalten in diese Aktien zu investieren.
Angenehmer Nebeneffekt des bisher geringen Investoren-Interesses aus Sicht von Warren Buffett: Vier der fünf Aktien werden an der Börse unter ihrem Buchwert gehandelt. Zudem besitzen alle fünf hohe Cash-Reserven. Der Buchwert misst – vereinfacht gesprochen – die Vermögensgegenstände eines Unternehmens, abzüglich der Schulden. Gerade Beteiligungsgesellschaften und Konglomerate werden häufig unter ihrem Buchwert gehandelt.
Das könnte sich bei den fünf Aktien nun allmählich ändern, denn wo Berkshire Hathaway einsteigt, folgen meist auch andere Anleger.
Warren Buffett selbst kommentiert den Kauf mit den Worten, er freue sich, dass Berkshire Hathaway damit ein Teil von Japans Zukunft werde. Naja. Das dürfte als Verneigung vor den japanischen Eigentümern der Gesellschaften und vor Japan insgesamt gedacht gewesen sein.
Aus meiner Sicht gibt es tatsächlich 4 Gründe für das Investment:
1. Die Aktien waren niedrig bewertet und erfüllen damit die wichtigste Bedingung für ein Investment von Berkshire Hathaway. Die Beteiligungsgesellschaft befindet sich bereits seit Jahren in einem Anlage-Notstand, weil die Aktien-Bewertungen zu hoch für lukrative langfristige Investments schienen. Angesichts der Cash-Reserven von 147 Mrd. US-Dollar sollte das Investment in Japan nicht überbewertet werden.
2. Als Handelshäuser profitieren die fünf Unternehmen davon, wenn die Preise von Handelsgütern wie Öl, Energie, Stahl etc. steigen. Und die Rohstoff-Preise werden voraussichtlich als Folge von weltweit höheren Inflationsraten steigen.
3. Berkshire Hathaway ist vor allem in den USA investiert, das neue Investment dient daher der Diversifikation, auch in eine andere Währung als den Dollar. Der Fokus auf die USA war in den letzten Jahrzehnten richtig, denn der US-Aktienmarkt entwickelte sich besser als andere.
Zudem ist es ein Mantra von Warren Buffett, dass man die US-Wirtschaft nie unterschätzen solle, vor allem nicht in Krisenzeiten. Das wird er vermutlich immer noch so sehen, aber die hohen Bewertungen am US-Aktienmarkt zwingen Berkshire praktisch dazu, verstärkt im Ausland zu investieren.
4. Mit dem Kauf japanischer Aktien würde Berkshire von einer Abwertung des Dollars profitieren. Mit dieser Abwertung rechnet vermutlich auch Warren Buffett. Allerdings ist es eher eine Spekulation, dass dieses Investment auch diesem Zweck dient. Das gesamte Portfolio bleibt ja sehr Dollar-lastig.
Die US-Notenbank ist für die Abwertung des Dollars verantwortlich
Von vielen Experten wird der Einstieg bei den fünf japanischen Unternehmen aber genau so verstanden: Als Zeichen dafür, dass Warren Buffett US-Aktien für zu teuer hält und mit einer höheren Inflation sowie mit einer Abwertung des Dollars rechnet. Die Dollar-Abwertung ist ja bereits im Gange.
Die US-Notenbank hat den Leitzins wegen der Pandemie praktisch auf null Prozent gesenkt. Damit hat der Dollar den Zinsvorteil gegenüber dem Yen und auch dem Euro verloren. In den letzten Jahren war dieser Zinsvorteil der Hauptgrund für die Stärke des Dollars.
Den Zinsvorteil wird die US-Währung auch so schnell nicht zurückgewinnen, dagegen spricht der Strategiewechsel der US-Notenbank, den FED-Chef Jerome Powell in der letzten Woche bestätigte. Bisher war es so, dass die US-Notenbank beim Erreichen des Inflationsziels von 2,0 Prozent geldpolitisch auf die Bremse treten würde.
Nun wird eine „durchschnittliche Inflationsrate“ von 2,0 Prozent angestrebt. Sollte es eine Phase mit niedrigeren Inflationsraten geben, wie aktuell, dann darf die Inflation zum Ausgleich auch für eine gewisse Periode höher ausfallen.
Mein Fazit
Was für Berkshire Hathaway die richtige Entscheidung ist, muss nicht für jeden Privat-Anleger richtig sein. Die Beteiligungsgesellschaft steht unter einem Anlagedruck, denn schließlich werden ihr ja nicht von Anlegern Gelder anvertraut, damit diese dann auf Cash-Konten lagern.
Dennoch gibt es Lehren, die jeder aus dem Investment in Japan ziehen kann. Weniger dass Japan vor einer goldenen wirtschaftlichen Zukunft steht, sondern dass internationale Diversifikation wichtig ist, gerade für Anleger, deren Portfolio in US-Aktien übergewichtet ist.
Herzliche Grüße und bis kommende Woche
Dein
Lars Erichsen
Chefredakteur Rendite-Report
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